Ratgeber für Eltern

(König Wenzel, Stützpunkt Aletsch-Brig, Herbst 06)

Ihr Kind fährt Ski, ob mehr oder weniger talentiert tut nichts zur Sache. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Sie eigentlich den Skirennsport Ihres Kindes unterstützen? Für mich gibt es eigentlich nur zwei mögliche Antworten:

Ihr Kind wird zukünftiger Weltcupfahrer und vom Skifahren leben

oder

Ihr Kind soll eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung ausüben

Glauben Sie mir, in 99 % der Fälle gehört Ihr Kind zur zweiten Gruppe. Damit meine ich folgendes: Resultate und Klassierungen sind für das Leben Ihres Kindes nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass es Freude am Sport hat, sei es um mit Gleichgesinnten zusammen zu sein, oder sei es, um einmal an seine persönliche Leistungsgrenze zu kommen. Sport ist eine der wenigen Möglichkeiten des Kindes „frei“ zu sein, nichts zu „müssen“. Durch Training und Wettkampf können wichtige Erfahrungen für die Persönlichkeitsentwicklung gemacht werden. Der Sport ist eine gute Lebensschule für den späteren Arbeitsalltag. Denn im Sport lernt das Kind mit Erfolgen oder Misserfolgen umzugehen, seine Leistungen richtig einzuschätzen, zielorientiert zu arbeiten, Beweglichkeit im Tun und Denken zu erlangen etc.

Also werden Sie:

  • Sich nie Hoffnungen machen
  • Nie ungeduldig auf Fortschritte warten
  • Nie händeverwerfend und seufzend am Pistenrand stehen
  • Sich nie bei einem Rennen/Training einmischen, Entscheide korrigieren oder
    Ihrem Kind Anweisungen geben
  • Nie dem Kind helfen, wenn es die gestellte Aufgabe, wenn auch nur mit Mühe,
    selber lösen kann.
  • Sich dem Kind gegenüber nie über Ihre finanziellen und persönlichen Opfer
    äussern

Sie werden:

  • Ihr Kind lieben, ob es gewinnt oder verliert
  • Sich darüber freuen, dass es gesund ist und Sport treiben kann
  • Völlig locker und gelöst dem Rennen/Training Ihres Kindes zuschauen
  • Nicht jedes Rennen Ihres Kindes zuschauen
  • Ihm zuhause Geborgenheit geben ohne dauernd über den Skisport zu reden
  • Sich mit ihm über Erfolge freuen
  • Ihm zeigen, dass Niederlagen dazugehören und Gelegenheit bieten, daraus
    zu lernen
  • Ihr Kind anspornen, Neues zu lernen, daran zu glauben, es zu schaffen

Erste Erfolge als JO-Fahrer heissen noch lange nicht, dass Ihr Kind ein erfolgreicher Rennfahrer wird. Vielleicht ist es biologisch weiterentwickelt als die anderen oder es fährt schon länger Ski. Viel wichtiger ist, wie sich Ihr Kind im Verlaufe der Jahre entwickelt, ob es den Willen hat, sich gezielt zu verbessern.

Sollte der Traum der Rennfahrerkarriere doch platzen, haben die Jugendlichen eine gute Basis erhalten, beispielsweise den Schneesportlehrer zu erlangen, als Trainer zu arbeiten oder sich im Skiklub zu engagieren. So können sie ihre Passion „Skifahren“ gleichwohl zum Beruf machen. Denn der tourismusabhängige Kanton Bern braucht solche „Aushängeschilder“!

Zu den Trainings: Das Training sollte so abwechslungsreich und spielerisch wie möglich sein, damit das Kind vielseitig motorisch beansprucht wird. Die Planung der Trainings sollten durchdacht und der Einsatz von Wettkämpfen dosiert sein. Die meisten Trainings sollten ein „Gruppentraining“ sein. Der engagierte Trainer kann dabei Ihr Kind genau so gut individuell technisch und taktisch weiterbringen. In der Gruppe lernt das Kind auch, die Anweisungen des Trainers umzusetzen, ohne dass dieser dauernd kontrollieren muss. Diese Selbstständigkeit ist eine sehr wesentliche Voraussetzung, um einmal später seine persönliche Leistungslimite zu erreichen. Wenn Ihr Schützling gezielt seine Schwächen und Stärken trainiert, so macht es gar nichts aus, wenn er der Beste im Team ist.

Diese bereits angesprochene Selbstständigkeit sollte soweit führen, dass der beste Trainer der Athlet selber ist. Der Athlet muss lernen was für ihn „richtig“ bzw. „falsch“ ist, er muss ein Gespür für seinen Körper und Seele bekommen, um wesentliches von unwichtigem zu unterscheiden.

„Etwas gelernt haben heisst, über Erfahrungen verfügen können, über die man zuvor nicht verfügen konnte.“

„Minimalisten versagen nie!“ Dieser sehr provokative Satz hat sicher etwas an sich. Da Minimalisten Erfahrungen haben, um den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen… Diese Erfahrungen dürfen und können wir als Trainer/Eltern den Kindern nicht abnehmen.

Haben Sie Vertrauen zu den Trainern Ihres Kindes. Wenn Sie der Meinung sind, er sollte etwas anders machen, so sprechen Sie zuerst mit ihm, bevor Sie vor dem Kind und aller Welt über ihn herziehen. Er wird sich ändern, wenn Sie ihn überzeugen können, oder Ihnen erklären warum er es so macht.

Wer ist für was verantwortlich?

Das Kind Die Eltern Der Trainer
Freude
Einsatz
Benehmen
Zustand des Materials
Pünktlichkeit
Dankbarkeit gegenüber Eltern und Trainer
Geborgenheit
Unterstützung
Finanzen
zT Transporte
Sport als Teil des Familienlebens
zT Skipräparation
Trainings Ski und Kondi
Rennen
Planung/Ziele
Organisation
Selektionen
Besichtigung

Was heisst Ihr Kind ist „erfolgreich“? Erfolg hat nichts mit dem Resultat des Rennens zu tun. Erfolg ist etwas Persönliches. Ihr Kind hat dann Erfolg, wenn es eine, seinen aktuellen Möglichkeiten entsprechende, gute Leistung erbracht hat, unabhängig davon, ob das Rennen gewonnen wurde oder nicht. Sie als Eltern haben Erfolg, wenn sich Ihr Kind über die Jahre zu einer positiven Persönlichkeit entwickelt hat.

Nicht Sie als Eltern und wir als Trainer entscheiden, ob Ihr Kind im Skirennsport weiterkommt oder nicht. Wir können es dabei lediglich unterstützen oder es daran hindern.

Alarmzeichen von falschem Verständnis sind:

  • Ihr Kind schaut nach jedem Fehler zu Ihnen
  • Ihr Kind will nicht, dass Sie beim Rennen/Training zusehen
  • Ihr Kind weint nach dem Rennen
  • Ihr Kind fährt um „nicht zu verlieren“, statt „um zu gewinnen“
  • Sie machen Ihrem Kind innerlich oder direkt Vorwürfe, wenn es verliert
  • Sie bedauern Ihr Kind, wenn es verliert
  • Sie möchten, dass Ihr Kind mehr erreicht als Sie
  • Sie sind stolz, wenn Ihr Kind besser ist als die anderen und lieben es, wenn alle darüber sprechen
  • Ihr Kind spricht nur noch vom Skifahren

Was können die Eltern dagegen tun? Schliessen Sie mit Ihrem Kind einen Vertrag ab:

Wir Eltern sind bereit für dein Skifahren:
- Zu bezahlen (Trainings, Rennen, Beitrag, Ausrüstung)
- Zu fahren, zu begleiten
- Die Wäsche zu waschen
- zT die Skis zu präparieren

Solange Du
- Freude am Skifahren hast
- Dich auf und neben der Piste tadellos benimmst
- Du Deine Skisachen selber ein- und auspackst
- Du zu Deinem Material Sorge trägst
- Du selber darauf achtest, dass Du pünktlich bist
- Du selber für Deine Trainings- und Rennvorbereitung verantwortlich bist (Getränke, Einlaufen)
- Du Dich im Training und Wettkampf immer 100% einsetzt
- Du Dich im Training gezielt verbessern willst

Wir Eltern reden nur über den Rennsport, wenn Du das Thema aufwirfst.

Wir Eltern freuen uns, wenn Du gewinnst, stehen aber genauso zu Dir, wenn Du verlierst.
Was für uns zählt ist Deine Leistung, nicht das Resultat.

Ihr Kind braucht Sie, helfen Sie Ihm seine Ziele zu erreichen!